Tradition

Kirwa ist vielseitig

Auf den ersten Blick könnte man denken, jede Kirwa sei gleich, doch das ist ein Irrglaube. Jeder Ort pflegt seine ganz eigenen Traditionen innerhalb des Kirwabrauchtums. Hier seht ihr die gängigsten auf einen Blick.

Kirwabaum & Austanzen

Ein Kirwabaum stellt den Mittelpunkt einer Kirwa dar. Er wird am Kirwawochenende geschlagen, die Rinde wird geschnitzt, die Moidln binden Kränze und verzieren diese mit Blumen und Bändern und anschließend wird er meist mit bloßer Muskelkraft aufgestellt. Das Austanzen findet in der Regel sonntags statt und ist der Höhepunkt einer jeden Kirwa. Die Kirwapaare studieren Wochen vorher verschiedene Tänze ein, darunter Walzer, Sternpolka oder Zwiefacher, um sie am Kirwasonntag dem Publikum vorzuführen.

Baumwache

Wer einen Kirwabaum besitzt, muss diesen auch verteidigen. Es ist nämlich üblich, dass die umliegenden Dorfgemeinschaften auf der Lauer liegen, um der Konkurrenz den Kirwabaum zu stehlen. Gelänge dies, müsste der Baum ausgelöst werden und das Gespött der Leute ist denjenigen sicher. Die Baumwache wird also durchaus sehr ernst genommen und findet im Schichtbetrieb statt.

Ober
kirwapaar

Beim sonntäglichen Austanzen wird das sogenannte „Oberkirwapaar“ ermittelt. Meist bestimmt der Zufall, wem die Ehre zuteil wird. So geht beispielsweise während des Tanzens ein Blumenstrauß reihum und wer ihn in der Hand hält, sobald der Wecker klingelt oder die Musik aufhört zu spielen, ist auserwählt. Das Oberkirwapaar bekommt dann bestimmte Aufgaben übertragen, muss den Kirwapaaren die ein oder andere Runde ausgeben und kümmert sich im Normalfall im nächsten Jahr federführend um die Organisation. Als Insignien erhält das Oberkirwapaar die Kirwaliesl und den Strauß. 

Vogelsuppe

Bevor die Kirwa beginnt, braucht man Kraft. Eine robuste Unterlage, sozusagen. Viele Kirwagemeinschaften schaffen diese mit dem traditionellen „Vogelsuppm-Essen“. Gerade im westlichen Amberg-Sulzbacher Land ist die Vogelsuppe nahezu unverzichtbar. Ursprünglich bestand die Vogelsuppe aus folgenden Bestandteilen: Leberknödelsuppe, Herz, Nieren und Rindfleisch in Streifen, dazu gebratene Zwiebeln zu Soße und Knödeln. Da braucht man eigentlich schon fast den sprichwörtlichen „Saumagen“, doch mittlerweile gibt es sie in allerlei abgewandelten Variationen.

Kirwabär & Begleiter

Aus den Reihen der Kirwapaare wird am Kirwamontag der Kirwabär bestimmt. Manchmal ist es derjenige, der zu spät zum Treffpunkt kommt, manchmal ist es der, der am meisten verträgt und manchmal wird ausgelost. Er bekommt ein Bärenkostüm, oder ein lumpiges Gewand und treibt mit Kohle bewaffnet sein Unwesen im Dorf. Mancherorts bekommt er Verstärkung durch einen offiziellen Begleiter, zum Beispiel die Kirwahexe. Kirwagemeinschaft und Musikanten folgen ihm dann, Passanten, Kinder und anderweitige Dorfbewohner werden mit Ruß beschmiert und der Zug durch den Ort wird an mehreren Stationen unterbrochen. Beispielsweise an Wirtshäusern oder bei spendierfreudigen Haushalten. Dort gibt’s dann ein Schnäpschen, einen Tanz und weiter geht’s.

Geldbeutel-waschen

Das Geldbeutelwaschen stellt den krönenden Abschluss einer Kirwawoche dar. Die Burschen versammeln sich wehmütig um eine Wasserwanne und betrauern das Ende der Kirwa. Der „Pfarrer“ hält eine Predigt, lässt darin die Feierlichkeiten noch einmal Revue passieren und tadelt all diejenigen, die negativ aufgefallen sind. Zum Schluss werden die leeren Geldbeutel in der Wanne ausgewaschen und mindestens einer der Teilnehmer kann auch schon mal selbst im Wasser landen, oftmals derjenige, der aufgrund einer bevorstehenden Hochzeit zum letzten Mal aktiv dabei ist. Nach der Hochzeit ist man nämlich von einer Teilnahme ausgeschlossen.

Schlacht-schüssel

Manche essen Vogelsuppe zum Auftakt, andere Schlachtschüssel. Die Schlachtschüssel ist ein sehr traditionelles Gericht in der Oberpfalz, das immer frisch vom Metzger oder Wirt zusammen mit Kartoffeln, Kraut oder Dotsch (Reibekuchen) serviert wird. Geschlachtet wird unter’m Jahr einmal die Woche, aber an der Kirwa ist der Termin besonders wichtig. Meist kommt das ganze Dorf zusammen, um sich schon mal einzustimmen.

Baum-verlosung

Da man den Kirwabaum nach der Kirwa nicht mehr gebrauchen kann, verlost oder versteigert man ihn am Kirwamontag, oft auch „Noukirwa“ (Nach-Kirwa) genannt, in den meisten Fällen. Die Lose werden am Sonntag von den Kirwapaaren unter die Leute gebracht und am Montag werden die Gewinner gezogen. Es gibt meist nicht nur den Kirwabaum, sondern auch andere Preise zu gewinnen. Der Gewinner des Baumes ist dann dazu verpflichtet, ihn vor Ort abzuholen.

Kirwa-
T-Shirt

Über die Jahre hat es sich so entwickelt, dass die Kirwaleute sich jährlich neue Kirwa-T-Shirts machen lassen. Auf dem Rücken steht dann meist ein schmissiger Spruch und vorne ist der Name abgedruckt. Vor allem am Kirwasamstag kommen diese zum Einsatz, denn der Dresscode lautet dann: Kirwashirt und Lederhose für Burschen UND Moidln. Diese Shirts spiegeln ganz hervorragend das Zusammengehörigkeits- und Gemeinschaftsgefühl innerhalb der Kirwagemeinschaften wider.

Kirwaliesl & Lieslweihe

Die Kirwaliesl ist ein Bierkrug aus Stein, versehen mit dem Namen der Kirwa. Die Liesl wird vom Oberkirwapaar beaufsichtigt, was aufpassen muss, dass sie nicht entwendet wird. Sollte sie verloren gehen, kommt auch hier wieder eine Auslöse zum Einsatz. Oft gibt es einen Abend vor der Kirwa, an dem die Liesl eingeweiht wird. Die Kirwapaare sitzen dann zusammen und einer nach dem anderen trinkt aus der Liesl. Der, der vor demjenigen getrunken hat, der sie leertrinkt, muss die nächste Liesl-Füllung spendieren.

Kirwabätz

Manchmal, aber nur mehr sehr selten, dient ein Kirwabätz (Schaf) als Maskottchen der Kirwa. Er wird stolz zum Kirwabaum geführt, nachdem er vorher mit Blumenkränzen geschmückt wurde.

Kirwa aus- & eingraben

Eine Kirwa kann nur ausgegraben werden, wenn sie im Vorjahr auch eingegraben wurde. Beim Eingraben zelebriert man andächtig das Ende der Kirwa, indem man etwas für’s nächste Jahr eingräbt. Beispielsweise eine Flasche Schnaps. Im darauffolgenden Jahr wird sie dann ausgegraben und die Kirwapaare stoßen feierlich auf die neue Kirwa an.

Moidln einholen

Am Kirwasonntag ist es oft Tradition, dass man die Kirwamoidln im Dorf zusammensammelt. Entweder man holt sie direkt von Zuhause, oder die Burschen müssen sie an verschiedenen Stationen erst suchen. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn ein Großteil der Moidln nicht aus dem Dorf stammt.

Kirwawagen

Die Moidln werden manchmal mit einem Traktor mit Anhänger eingesammelt und es folgt ein kurzer Zug durch’s Dorf, hin zum Kirwabaum. Auf dem Wagen wird sich schon mal eingesungen und jeder im Ort hört: Gleich geht’s los. Der Kirwawagen wird selbstverständlich auch geschmückt mit Blumen und Bändern, damit er zu den feschen, in Tracht gekleideten Kirwapaaren passt.

Kirwa-frühstück

Am frühen Montagmorgen wird mancherorts ein Kirwafrühstück beim neuen oder auch beim abgelösten Oberkirwapaar abgehalten. Es gibt ein großes Buffet mit allerhand warmen und kalten Speisen, zur Stärkung der Kirwaleute nach der ganzen Feierei. Danach verschwinden die Kirwapaare nach Hause, ruhen sich aus, machen sich frisch und begehen zusammen den Noukirwa-Tag. 

Gstanzl/ Schnodahipfl

Gstanzln sind gesungene Reime, die sich auf das aktuelle Geschehen im Dorf beziehen. Wer sich einen Fauxpas geleistet hat, kann sich darauf gefasst machen, dass er an der Kirwa „ausgesungen“ wird. Oft gibt es auch Wettstreits zwischen den Orten, die sich dann gegenseitig aussingen. Im Übrigen kann man die Reimgesänge auch als „Vierzeiler“ bezeichnen.

Kontakt

Datenschutz

Impressum